Schaf im Wolfspelz: Biker erzählt über sein Leben mit Jesus

von Thorsten Vogel

im nächsten E3-Gottesdienst am 13.10 und am 12.10 im Gemeindehaus Gontermannstraße

Am 13.10 besucht uns Oliver Bodrogi zu unserem E3-Gottesdienst um 10.30 Uhr in der Kreuzkirche und am Vortrag ab 18.00 Uhr im Gemeindehaus auf dem Bühl.

Oliver wird uns aus seinem Leben erzählen und wie er Jesus Christus gefunden hat.

Hier seine Geschichte

Wenn Oliver Bodrogi seine muskulösen, tätowierten Unterarme vor der Brust verschränkt, bilden sie den Schriftzug „Jesus Christ is my strength“ aus dem Paulus-Brief an die Philipper: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.“

Vor 30 Jahren hat Oliver Bodrogi allein auf seine eigene Stärke vertraut, Gott existierte nicht. Der Raufbold ging keiner Schlägerei aus dem Weg, er suchte sie. Längst hat der 51-Jährige der Gewalt abgeschworen, ist lammfromm und setzt die Macht des Wortes ein, um in der Bikerszene selbst hart gesottenen Rockern das Evangelium zu predigen. „Schaf im Wolfspelz“ heißt seine Geschichte, die er als Gastprediger auch in Kirchen offenbart und die manche Gläubige in ungläubiges Staunen versetzt.
Oliver Bodrogi öffnet die Tür zu seiner Wohnung in Weingarten bei Karlsruhe. In seiner „Räuberhöhle“, wie er sie nennt, läuft Iron Maiden: 666 The Number of the Beast. „Es gab eine Zeit, da konnte ich kein Heavy Metal mehr hören“, sagt der Gründer und Prediger des Motorradclubs Newborn Bikers. Das war direkt nach seiner Umkehr. Alkohol, den er zuvor in sich hineingeschüttet hatte, mied er ebenfalls. Längst ist Oliver Bodrogi gefestigt, hört die alten harten Lieder von damals, und er trinkt hin und wieder auch ein Bier, ohne Gefahr zu laufen, wieder in den Abgrund von damals zu stürzen. Die Dämonen von früher – gebändigt durch Gott.
„Ich war als Kind immer der Kleinste und Schmächtigste“, beginnt Oliver Bodrogi seine Geschichte. Der Bub, der als jüngstes von vier Geschwistern behütet in einem streng katholischen Elternhaus in Rheinstetten aufwächst, wird von Gleichaltrigen gemobbt und ist der Prügelknabe. Oliver ist Ministrant. Einen Zugang zur Kirche, die mit ihm immer mit Zwang und Scheinheiligkeit verbunden ist, findet er nicht. In seinem Inneren fühlt er sich alleingelassen, leer. Da ist kein Gott. „Mit zehn hab ich mit einem Edding auf meinen Schrank geschrieben: Ich will sterben.“
Irgendwann lernt Oliver sich durchzusetzen. Nach der Hauptschule beginnt er eine Maurerlehre, die Arbeit auf dem Bau stählt seinen Körper. Einmal dreht er in der Berufsschule durch, schlägt eine Handvoll Mitschüler „grün und blau“. Plötzlich sind die Rollen vertauscht, aus dem Gepeinigten wird ein Peiniger. Oliver Bodrogi findet Anschluss an Jungs seines Kalibers, in der Gruppe zollen sie ihm endlich die Anerkennung, nach der er sich so lange gesehnt hat. Das Vakuum in seiner Seele füllt er mit Bier, Whisky, Haschisch und Aggression. „Wir waren eine echt schräge Clique, wollten wild, frei und laut sein, aufbegehren. Meine Kumpels und ich haben getrunken und gekifft. Immer Vollgas und auf Trouble aus.“ Auf Stadtfesten, an Baggerseen oder in der Disco: „Wir waren wie die Berserker und sind in die Schlägereien gegangen.“
„Ich hatte Sixpacks, kein Gramm Fett, Kraft wie ein Stier. Und ich war in kürzester Zeit schlimmer als jene, die früher auf mich losgegangen sind.“ Einmal, erinnert er sich, wollten fünf Kontrahenten aus einer anderen Clique mit ihm eine Rechnung begleichen. Bodsches, so sein Spitzname, allein auf weiter Flur, zieht ein Messer und droht: „Kann sein, dass ihr mich fertigmacht, aber zwei bis drei von euch nehme ich mit.“ Das wirkt, die Gegner weichen zurück. „Von da an war mein Ruf als Psycho so richtig besiegelt. Ich habe gar nicht gemerkt wie rapide mein Leben abwärts ging.“
Rückhalt findet er noch zuhause und auch bei seinem Meister auf dem Bau. „Immer wieder gab es Ärger mit der Polizei, Hausdurchsuchung wegen Einbruch. Körperverletzung, Sachbeschädigung. Da war alles dabei – außer Mord und Totschlag.“ Mit 17 steht er das erste Mal vor Gericht. Das beeindruckt Bodrogi wenig. Er bekommt 60 Stunden gemeinnützige Arbeit aufgebrummt, ein mildes Urteil. Ein Gefängnis sieht er nie von innen.
Bis 1993 bewegt sich Bodrogi in diesem Teufelskreis. Bei seinem Wendepunkt ist er 23. Er bittet seine Mutter, ihm das Emblem der Rockband Guns’n’Roses – Rosen, die zwei gekreuzte Pistolen umschlingen – auf seine Jeansjacke zu nähen. Die Mama weigert sich. Sein bester Freund weiß Rat: „Meine Nachbarin näht dir das drauf.“ Henriette, so heißt sie, kann indessen nicht nur nähen, sie ist auch bibelfest und überzeugte Christin in einer Freikirche. „Ich hab‘ mich gefragt, wieso braucht die denn so lange? Sie hat sich ewig Zeit gelassen und dabei die Bergpredigt hoch und runter buchstabiert. Bodrogi schaltet auf Durchzug und lässt den Sermon über sich ergehen.
Zurück zur Tagesordnung, die Worte runterspülen. Allein – das Gesagte wirkt fort, sickert in das Herz des jungen Mannes. Noch einmal liegt er betrunken am Baggersee. „Aber es war, als würde Jesus neben mir sitzen, mir auf die Schulter klopfen und sagen: ,Ich lass dich nicht mehr los.‘“ Bodrogi geht wieder zu Henriette. „Ich kenne die Geschichten alle, aber du erzählst sie anders“, sagt er und löchert sie mit Fragen. „Sie hatte auf alle eine plausible Antwort.“ Nun versteht Oliver Bodrogi für sich, warum Jesus gekreuzigt wurde: „Weil er mich liebt, alles geschaffen hat, auch mich. Dass er die Schuld von mir und die Strafe auf sich genommen hat. Und dass er mein Leben ändern, in eine gute Sache drehen will.“
Im Frühjahr 1993 schenkt er sein Leben Gott. „Er hat den Vorhang zurück gezogen. Dahinter habe ich Schmerz, Leid, Verzweiflung und verbrannte Erde gesehen. Es hat mich schockiert, wie viele Menschen ich verletzt habe.“ Seine alten Freunde behält Bodrogi erst einmal, doch nichts ist mehr wie zuvor. Sein Auto, das immer voll leerer Bierdosen war, ist plötzlich sauber. Auf Partys trinkt er Kaffee. Ein Kumpel fragt ihn: „Hey, was ist los mit dir?“ Seine Antwort: „Dicker, ich hab mein Leben Gott gewidmet.“ Seine Kumpels schütteln den Kopf: „Jetzt dreht er komplett durch.“
Bodrogi wird „ein anderer Mensch“. An den Baggerseen genießt er plötzlich die Ruhe und die Natur. Wenn er mit seiner schweren Maschine einsam über die Straßen fährt, hat er „die schönsten Gottesdienste“. Er denkt zurück an seinen schweren Motorradunfall vor 13 Jahren, als er in eine Spezialklinik für Halswirbelverletzungen geflogen – und drei Tage später wieder entlassen wurde. Kein Arzt konnte erklären, wieso er noch lebte. Für Oliver Bodrogi gibt es nur eine Erklärung: „Gott hat damals an mir ein Wunder getan.“
Zusammen mit einem Kumpel gründet Bodrogi 2014 die Newborn Bikers – die neugeborenen Motorradfahrer. Sieben Mitglieder hat der christliche Motorradclub zurzeit. Lederklamotten, Springerstiefel, Ketten – die Ausstattung unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von der anderer Biker. Wäre da nicht der Aufnäher mit dem Gekreuzigten. „Wir sehen uns als Rettungssanitäter der Rockerszene, sprechen mit den Menschen oder hören einfach zu. Wir kleben Pflaster auf Seelen, helfen mit Rat und Tat bei Not“, sagt Bodrogi. Die Bibel haben sie nicht unter dem Arm. Wenn aber am Lagerfeuer die Stimmung passt, dann fragt Bodrogi schon mal einen Rocker: „Darf ich für dich beten?“ Heikle Frage in diesen Kreisen. Bodrogi kann sie stellen, weil er einer von ihnen ist.
Einmal fahren die Nordbadener für eine Motorradsegnung nach Siegen. Unter dem Dach der evangelischen Freikirche International Christian Fellowship Karlsruhe schickt Bodrogi seit zwei Jahren auch Paare mit Gottes Segen auf den gemeinsamen Weg. Die Neugier auf die Lebensgeschichte des Mannes für „die etwas wilderen Trauungen“ wächst. Ende Juni war Bodrogi in Steinheim bei der evangelischen Gemeinde zu Gast. Er erzählte seine Geschichte vom „Schaf im Wolfspelz“. Vermittelt hat den Besuch eine schillernde Persönlichkeit: Josef Müller, früher panamaischer Honorarkonsul in Deutschland, in den 90ern kreativer Steuer- und Anlageberater der Münchener Schickeria, Geldwäscher amerikanischer Drogenbarone, der wegen schweren Betrugs zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden war, bevor er auf den christlichen Weg kam.
Bodrogi hat seinen Frieden gefunden. Mit seinen katholischen Eltern, mit denen er „übel Krach“ hatte, weil sie seine Freikirche als Sekte verteufelten. „Oli, das war das Beste, das dir passieren konnte“, sagen sie heute. Er hat seinen Frieden mit sich selbst und mit seiner Vergangenheit gefunden. Gerade baut er einen Rettungswagen zu einem Preacher-Mobil um, einem Beichtstuhl auf Rädern.
Bodrogi drückt auf den Anlasser seiner Yamaha 1100 Dragstar. Er setzt den schwarzen Stahlhelm mit dem im Dunklen leuchtenden Fischsymbol auf: „Diesen Weg werde ich nie wieder verlassen. Er hat Wunder um Wunder getan in meinem Leben. Niemals hätte ich das gedacht. Er hat mir das Leben gerettet“, sagt Oliver Bodrogi und gibt Gas.

 

Zurück